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Außer Balance

Grazer ForscherInnen entdecken Ursache für antibiotika-assoziierte Darmentzündung

Konnten die Ursache für eine antibiotika-assoziierte Darmentzündung identifizieren: Stefan Schild (Uni Graz), Rolf Breinbauer (TU Graz), Kathrin Herzog (Med Uni Graz), Christoph Högenauer (Med Uni Graz), Ellen Zechner (Uni Graz), Georg Schneditz (Uni

Konnten die Ursache für eine antibiotika-assoziierte Darmentzündung identifizieren: Stefan Schild (Uni Graz), Rolf Breinbauer (TU Graz), Kathrin Herzog (Med Uni Graz), Christoph Högenauer (Med Uni Graz), Ellen Zechner (Uni Graz), Georg Schneditz (Uni Graz), Sandro Roier (Uni Graz) und Jakob Pletz (TU Graz), v.l.n.r. Foto: Uni Graz/IMB.

Eine Grazer Forschungsgruppe mit WissenschafterInnen der Karl-Franzens-Universität, der TU Graz und der Med Uni Graz konnte die Ursache für antibiotika-assoziierte hämorrhagische Kolitis - eine gefährliche Komplikation nach Antibiotikabehandlungen - aufklären.  Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachmagazins PNAS nachzulesen.

 

Der menschliche Magen-Darm-Trakt ist ein dicht besiedeltes Gebiet: Hunderte Bakterienarten ermöglichen dort die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, die der Mensch alleine nicht nützen könnte. Die Gesamtheit der Mikroben im Körper, die so genannte humane Mikrobiota, spielt eine entscheidende Rolle für die Verdauung und die menschliche Gesundheit. Zusätzlich unterstützen die Bakterien die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines gesunden Immunsystems, indem sie einen ständigen, ungefährlichen „Sparringpartner“ für den Organismus darstellen. Das Gleichgewicht zwischen Mikrobiota und Mensch bleibt im Normalfall ein Leben lang stabil. Wenn aber aufgrund von Infektionen Antibiotika verabreicht werden, bekämpfen die Medikamente nicht nur die Krankheitserreger, sondern töten auch Bakterien der gesunden (Darm-)Flora. Die Konsequenz ist eine dramatische Störung des Gleichgewichtes innerhalb der Mikroben und ihres Ökosystems.

 

Die Grazer WissenschafterInnen haben sich in ihren Forschungen auf ein penicillinresistentes Bakterium mit Namen Klebsiella oxytoca konzentriert. Dieses verhält sich beim gesunden Menschen unauffällig, da es von der Darmflora in Schach gehalten wird. Wird diese aber gestört, wächst Klebsiella übermäßig stark an bis es schließlich die gesamte Darmflora dominiert und eine schwere Entzündung auslöst. Die ForscherInnen konnten zeigen, dass dieses Bakterium einen Giftstoff bildet, der die Zellen der Darmschleimhaut angreift und zerstört. Dies führt zum Verlust ihrer Fähigkeit, eine Barriere zwischen den Bakterien im Darm und dem menschlichen Körper aufrechtzuerhalten. Die Folge ist eine schwere Darmentzündung mit blutigen Durchfällen. Das Toxin Tilivallin gehört zu einer Substanzklasse kleiner bakterieller Stoffwechselprodukte, die bisher nicht mit menschlichen Erkrankungen in Verbindung gebracht wurden.


Tritt dieses Krankheitsbild auf, ist es entscheidend, dass ursächliche Antibiotikum sofort abzusetzen. Dies gibt der Darmflora die Chance, sich zu regenerieren und führt zur Unterdrückung von Klebsiella durch die natürliche Besiedelung. Die PatientInnen erholen sich daraufhin oft ohne weitere Behandlung vollständig. Aufgrund von oftmals gefährlichen Grundinfektionen kann das Antibiotikum aber manchmal nicht einfach abgesetzt werden. In diesen Fällen ist die exakte Diagnose des ursächlichen Klebsiella-Stammes entscheidend, um auf ein anderes Antibiotikum umzusteigen.

 

Die WissenschaftlerInnen präsentieren in ihrer Publikation zudem die Grundlage für zukünftige Tests, um RisikopatientInnen schon im Vorhinein identifizieren zu können. Diese richtungsweisenden Erkenntnisse wurden von Doktorand Georg Schneditz, MSc, unter Leitung von Ao.Univ.-Prof. Dr. Ellen L. Zechner am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens Universität Graz erzielt. Die Studie war nur durch die enge Kollaboration mit Assoz.-Prof. Dr. Stefan Schild, Universität Graz, Univ.-Prof. Dr. Rolf Breinbauer, TU Graz sowie Ao.Univ.-Prof. Dr. Christoph Högenauer und Priv.-Doz. Gregor Gorkiewicz, beide Medizinische Universität Graz, unter der Beteiligung von ForscherInnen der Charité Berlin möglich.

Finanziert wurden die Arbeiten durch den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, die teilnehmenden Universitäten, die Grazer Forschungsnetzwerke BioTechMed-Graz und NAWI Graz, sowie der Österreichischen Nationalbank.

Das PNAS-Paper im Internet:

http://tinyurl.com/puvu6gw